Am 26. März 2022 fanden zahlreiche Aktionen gegen den Mietenwahnsinn statt. Ich war mit dabei und hatte ein paar Lieblingsmomente…
Liebe Engagierte vom Housing Action Day,
wie schön war der letzte Samstag, an dem wir viele Zeichen gegen den Mietenwahnsinn gesetzt haben! Es war ja eine spontane Sache, ohne viel Vorlaufszeit. Aber mei, habe ich mich gefreut, dass an dem Tag trotzdem schon so viel passiert ist! Das macht Mut, diese Wege weiterzugehen.
Meine Recherchetools kamen übrigens gut an. Wenn du selber über bedrohte Häuser recherchieren willst, lade sie dir herunter!
Ich war aber auch sonst noch den ganzen Tag lang unterwegs und möchte euch ein paar Stimmen-Fetzen mitgeben, die ich aufgeschnappt habe. Nicht vollständig natürlich…
Sehen wir uns bald wieder?
Eure Mieten-Marta
Was passiert mit unserer Stadt?
Auf der einen Seite dies:
“Wir werden bald in Hühnerstallhäusern wohnen.”
“Ich kenne Leute, junge Erwachsene, die eigene Wände in ihre Wohnung bauen mussten, damit sie genug Zimmer haben, sich die Wohnung leisten zu können.”
Auf der anderen Seite das:
“Bald stehen hier nur noch Luxuswohnungen, in denen niemand mehr wohnt.”
Zürich verdichtet sich – und entleert sich gleichzeitig. Die Schere im Wohnflächenverbrauch (und damit: der Miete) öffnet sich. Die einen wohnen zusammengerückt, die anderen lassen sich ihr Alleinsein in grossen Wohnungen viel Geld kosten.
Welche Schicksale stehen dahinter?
An dem Tag habe ich vor allem eines gemacht: Mit vielen Menschen geredet. Einige der Geschichten sind mir besonders nahe gegangen.
“Ich stehe kurz vor der Einbürgerung in Zürich – nun muss ich von hier wegziehen wegen den teuren Mieten und muss wieder von Vorne anfangen mit dem jahrelangen Warten!”
Es ist nicht für alle Menschen gleich einfach, “nach Schlieren zu ziehen”, wie das städtische Narrativ oft und gerne wiederholt wird. Für einige Menschen hat ein Wegzug aus der Stadt einschneidende Konsequenzen – indem ihnen demokratische Rechte verunmöglicht werden, oder auch indem sie Zugang zu sozialen Angeboten verlieren.
“Ich engagiere mich für besonders prekäre Wohnungssuchende. Da habe ich schon Beispiele gesehen, bei denen mir ganz elend wird – zum Beispiel eine Familie mit einem behinderten Kind in einer Einzimmerwohnung. Wo bleibt hier das Kinderrecht?”
Was gilt es zu tun?
Die Hausaufgaben an die Politik sind eigentlich relativ klar formuliert:
“Wir müssten nur schon mal die geltenden Gesetze endlich durchsetzen! Der Anfangsmietzins muss automatisch überprüft werden, das kann nicht Sache der Mietenden sein. Und diese Renditedeckelung muss endlich durchgesetzt werden…”
Und es gab auch ein überraschendes Fazit bei einer Strassenumfrage am Central und beim Lochergut. In den Gesprächen kam heraus, dass eigentlich die meisten Teilnehmenden für eine Vergesellschaftung des Bodens sind. Viele waren einverstanden und fanden dies sogar gut: Boden ist ein begrenztes aber lebensnotwendiges Gut, und soll drum nicht im Privatbesitz sein können (ähnlich wie z.B. Wasser).
Den meisten war es jedoch wichtig, dies nicht zu krass zu formulieren. Sondern am Beispiel von Wien (das immer wieder genannt wurde) zu sagen: Das ist eigentlich eine ganz normale Idee.
Vergesellschaftung ist normal! Bodenspekulation ist nicht normal!
Der Weg geht also weiter…
Übrigens: Eine solche Umfrage macht auch einfach Spass. Wir hatten alle Lust bekommen, damit wieder einmal auf die Strasse zu gehen… Möchtest du mitmachen? Dann schreibe mir!
PS: ich konnte leider nicht überall sein. Darum wenigstens noch ein paar tolle Aktionen verlinkt:
Communiqué von der Stadtgruppe hier: https://barrikade.info/article/5086
Flyer von der Regionalgruppe des Mieterinnen- und Mieterverbands hier: Download (PDF)
Foto von der Stadtgruppe wir-bleiben-alle.ch; Stopp der Verdrängung in den Randquartieren!
Foto von der MV Regionalgruppe Zürich
«Google macht sich breit im Kreis 4. Die Internet-Krake belegt bereits ein Drittel der Büronutzungen in der Europaallee.
2023 wird der US-Konzern an der Müllerstrasse 16/20, die zurzeit für 222 Millionen Franken umgebaut wird, als Alleinmieterin in das ehemalige Swisscom-Gebäude einziehen. Die immer zahlreicheren «Zoogler» und andere kaufkräftige Expats hinterlassen deutliche Spuren auf dem Wohnungsmarkt. In Erwartung neuer Mieter:innen werden an der Müllerstrasse 8 Wohnungen zu Apartments umgebaut. Und im ehemaligen Swisscom-Gebäude Ecke Müllerstrasse/Ankerstrasse baut der Oberländer Immobilien-Mogul Egolf 18 Luxus-Lofts ein: 2.5- und 3.5-Zimmer für 3400.- bis 5800.- Franken pro Monat!»
Foto von der MV Regionalgruppe Zürich
«In den letzten zwei Jahrzehnten haben die Immo-Haie ein neues Geschäftsfeld entdeckt: die Business-Apartments. Vor allem in zentrumsnahen Quartieren werden bestehende Wohnungen zimmerweise in Einzel-Apartments zerlegt, als «Guesthouse» kurzfristig mit hohem Profit an Tourist:innen und Kurzaufenthalter:innen vermietet und damit dem lokalen
Wohnungsmarkt entzogen. So können die Besitzer:innen aus einer Wohnung das Doppelte bis Dreifache herausholen.
An der Badenerstrasse 250 vermietet Service Apartments möblierte 1.5-Zi-Wohnungen ab 2000.- (25 m2) und 3.5-Zi-Wohnungen für 4200.- (74 m2). Im November 2021 hat der Gemeinderat – nach jahrelangen Verzögerungsmanövern des Stadtrats – endlich eine bereits 2010 überwiesene Motion zur Einschränkung der Umnutzung von Erst- in Zweitwohnungen wenigstens teilweise umgesetzt. Die Betreiber:innen haben bereits Rekurse angekündigt.»
Foto von der Stadtgruppe wir-bleiben-alle.ch; gesehen beim Sihlquai 280, wo sich die Mieter*innen weiterhin gegen die Umbaupläne von Coop und die Geschäfte von Intermezzo wehren…