Offener Brief an Halters: Ihre soziale Verantwortung an der Baslerstrasse

Guten Tag Herr Jost Balthasar (Balz) Halter,
Guten Tag Frau Katharina Margaretha Halter,
Guten Tag Frau Verena Magdalena Huber-Halter,
Guten Tag Frau Annemarie Guyer-Halter,

Wir adressieren Sie als Mit-Eigentümer*innen des Areals zwischen Basler- und Grundstrasse [Siehe Situationsplan]. Wir adressieren insbesondere auch Jost Balthasar (Balz) Halter, Verwaltungsratspräsident der Halter AG, die mit der Umsetzung des Projekts «Letzigarten» beauftragt ist.

[Bestehende Siedlung links wird abgebrochen zugunster des «Letzigarten» rechts]

In diesem Fall liegen Entscheidungsmacht und Produktionsstrukturen in enger personeller / familiärer Verflechtung bei Ihnen. Die beste Ausgangslage also, um ein Projekt zu entwickeln – und zugleich eine grosse soziale Verantwortung. Diese „Verantwortung für Mensch und Umwelt“ (vgl. www.halter.ch, Zugriff am 5. Februar 2024) möchten Sie nun an der Baslerstrasse mit einem Abriss-Neubau umsetzen, wobei Sie im Vergleich zur bestehenden Siedlung aus den 1970er und 1980er Jahren 20% mehr Wohnungen mit verschiedenen Wohnungstypen anstreben (vgl. TA am 4.2.2024).

Aktuell ist Zürich von einer Stadtentwicklung geprägt, welche bisherige Bewohnende verdrängt und systematisch Mittel- und Geringverdienende von den neu erstellten Wohnungen ausschliesst. Dies erzeugt eine zunehmende soziale Spaltung und eine nicht mehr zukunftsgerechte Stadtentwicklung. Wir möchten Ihnen mit diesem offenen Brief darum ein paar Fragen stellen, welche wir aus Erfahrung in der heutigen Abriss-Neubau-Praxis flächendeckend missachtet finden.

  • Haben Sie genauere Angaben zur aktuellen Bewohner*innenschaft? ? Wissen Sie, wer von den Kündigungen wie betroffen ist? Wie kann ein Unternehmen wie Ihres ein Bleibe-Versprechen an die aktuelle Bewohner*innenschaft garantieren? Es ist dringend notwendig, bestehende Nachbarschaften zu stabilisieren, ihnen mit für sie zahlbaren Mietzins-Garantien und einem Vormietrecht eine Wohnsicherheit zu geben.
  • Können Sie genauere Angaben zur geplanten Verdichtung machen und garantieren? Die öffentlich genannte 20% Verdichtung klingt nach wenig angesichts der geplanten Umwälzung und ist ausserdem unpräzis. Wir beobachten häufig, dass neu gebaute Wohnungen v.a. im Flächenverbrauch steigen und durch weniger Personen bewohnt sind (z.B. weil die Wohnungen zu teuer sind oder sie unpraktische Grundrisse aufweisen).
  • Sie meldeten, Sie hätten eine Sanierung verworfen, weil die Häuser „erheblich“ sanierungsbedürftig seien. 40 Jahre sind jedoch ein Alter, in dem schon viele Liegenschaften gut erhalten werden konnten. Kann es sein, dass sie schon länger von einem Abbruch ausgehen und die Siedlung deshalb nicht mehr auf Erhalt hin bewirtschaftet wurde? Dies ist leider ein Vorgehen, welchem wir oft begegnen, trotz dem immer lauter werdenden Appell aus der Architektur- und Baubranche, man müsse im Bestand weiterbauen, um graue Energie und Emissionen zu reduzieren. Wären diese oder weitere Ihrer Häuser heute zu retten, falls die nötigen kleineren Sanierungen früher getätigt worden wären?

Wir sind davon überzeugt, dass eine Innenverdichtung nur gesellschaftlich akzeptiert werden kann, wenn damit keine sozialen Verwerfungen einhergehen. Wir appellieren darum an Sie, Ihre Verantwortung ernst zu nehmen und eine weitere soziale Spaltung dieser Stadt in Reich und noch Reicher zu bremsen.

Mit freundlichen Grüssen,
Mieten-Marta

Situationsplan zwischen Basler- und Grundstrasse, Zürich-Altstetten

Dieser offene Brief geht als Kopie an: 

  • Betroffene Bewohner*innen (Briefkasten-Wurf)
  • André Odermatt, Vorsteher Hochbaudepartement
  • Katrin Gügler, Direktorin Amt für Städtebau
  • Corine Mauch, Stadtpräsidentin
  • Anna Schindler, Direktorin Stadtentwicklung
  • Medien (Tagesanzeiger, tsüri.ch, SRF Kassensturz, SRF Schweiz Aktuell, SRF Kulturplatz, Republik, Blick Podcast, Watson)
  • Gemeinderät*innen aus dem Kreis 9
  • Mieter*innenverband Kanton Zürich + Regionalgruppe Stadt Zürich 
  • giuliani.hönger ag (Projektverfasserin)

Zusätzliche Recherche: (nicht Teil des offenen Briefs)

Balz Halter entwickelt nicht nur oben genanntes Areal als Mit-Eigentümer der Siedlung sowie als Mit-Eigentümer der Halter AG. Er ist auch im Verwaltungsrat der HIAG, welche auf dem Nachbargrundstück gerade anstelle einer Garage einen 80m Wohnturm baut. Balz Halter ist also in diversen Rollen daran beteiligt, dieses Quartier umzuwälzen. [Siehe Umgebungsplan]

Im selben Geviert ist auch die gesamte Zeile entlang der Badenerstrasse (Nr. 546 / 548 / 550 / 552 / 554 / 556 / 558 / 560 / 562 / 564 / 566 / 568) mutmasslich im Besitz von Halter-Erben – zumindest lassen die Namen dies vermuten. [Siehe Umgebungsplan] Bei dieser Zeile handelt es sich um Wohnbauten aus der Nachkriegszeit, in welche länger keine grossen Investitionen mehr geflossen sind. Erwartet uns dort bald eine ähnliche Entwicklung?

Zudem beobachten wir auch um dieses Geviert, wie rasant es sich entwickelt: Neben dem Stadion steht ein riesiger Neubau, an der Fuchsiastrasse ersatzneubaut die UBS-Pensionskasse und hat dafür 240 Haushalten gekündigt, weiter Richtung Albisriederplatz hat Seefeldisierungs-König Ledermann seine Baumaschinen eingefahren, für die Entwicklung des Mediacampus gibt es eine Machbarkeitsstudie und es werden nur noch befristete Mietverträge ausgestellt, auf dem Kochareal stehen Kräne, und das Schlachthofareal steht auch vor der Schliessung, sprich Aufwertung. Im Westen viel neues also. Wir bleiben dran.

Wisst ihr mehr zum Areal zwischen Basler- und Grundstrasse, seid vielleicht selbst Bewohner*innen, oder habt Infos zum Rest des Quartiers?

Meldet euch bei uns!

    Situationsplan zwischen Basler- und Grundstrasse, Zürich-Altstetten