In Zürich erstarkt der Widerstand gegen die Wohnkrise und feiert Erfolge. Die kunterbunte Mieter:innenbewegung aus diversen Kollektiven, Vereinen und Nachbarschaftsgruppen setzt sich immer wieder durch gegen Baubranche und Immo-Lobby. Deshalb bin ich mir mittlerweile sicher: Es lohnt sich, für unser Zuhause zu kämpfen und rufe zum Widerstand auf und zur Demo am 25. Mai.
Vor einem Jahr habe ich die grössten Mythen rund um die Wohnkrise demontiert: In Zürich ist es doch gar nicht so schlimm? Falsch! Mehr bauen ist die Lösung? Ebenfalls falsch! Marktmieten sind Naturgesetz? Blödsinn! Das Mietrecht ist eine Bremse? Schön wär’s! Das Drittelsziel bringt die Rettung? Leider nein. Und so weiter… Die Antworten und Fakten findet ihr auf wohnkrise.ch. Ein Mythos fehlte dort allerdings noch: Widerstand lohnt sich nicht? Doch, und wie! Hier sind aktuelle Beispiele aus Zürich:
«Gibab Kibag«! Eine Baufirma wird enteignet
Wie eine widerständige und teils sehr junge Truppe an Quartierbewohner:innen und Gemeinderät:innen sich für den Erhalt des Freiraums rund um die Savera-Wiese eingesetzt hat, hat mich schwer beeindruckt. Und wie habe ich gejubelt, als die Stadt der mächtigen Kibag das Recht entzog, in Wollishofen Luxuswohnungen zu bauen! Einerseits weil die Kibag (eine führende Schweizer Baustoff-Herstellerin mit viel Land an begehrter Lage am See) ohnehin zu viel Geld verdient mit dem Zubetonieren unserer Stadt und weil wir keine weiteren Luxuswohnungen mehr brauchen. Aber auch, weil diese Geschichte mir Mut macht – für einzelne Kämpfe, aber auch für die Idee der Enteignung und Vergesellschaftung von Boden. Denn was in Wollishofen im Grunde passiert, ist eine «materielle Enteignung» der Kibag, zugunsten der Bedürfnisse der Quartierbevölkerung und ihrem Recht auf Freiraum und Lärm.
Juristische Kämpfe und verdrossene Eigentümer
An der Müllerstrasse haben die Architekten, die das Haus Nr. 10 gekauft haben, um es abzureissen und neu zu bauen, eine bittere Niederlage erlitten. Dank des Widerstands der Mieter:innen dürfen diese nun ganze fünf Jahre über den Kündigungstermin hinaus in ihren Wohnungen bleiben. So wurde es am Mietgericht vereinbart. Von einem weiteren Erfolg hören wir aus dem Sihlfeld: Mieter:innen boten an, während der Sanierung auszuziehen und danach zurückzukehren. Die Eigentümer gaben klein bei und zogen die Kündigung zurück. Im Wissen darum, dass es mit diesem Angebot vor Mietgericht schwierig wird, ihre Kündigung durchzusetzen (hier ein ähnlicher Fall, der interessieren könnte).
Diese Beispiele zeigen: Auch juristischer Widerstand lohnt sich. Wer kann, dem rate ich, jede übertriebene Mietzinserhöhung, jeden zu hohen Anfangsmietzins und jede Wohnungskündigung anzufechten. Wir können dadurch zwar die Aufwertung nicht verhindern, aber wir können den Verdrängungsprozess zumindest gemeinsam verlangsamen, Mietzinssteigerungen ausbremsen und Totalsanierungen oder Ersatzneubauten verzögern – Wohnung für Wohnung, Haus für Haus.
Die Häuser denen, die drin wohnen!
Der gefährlichste Moment in der Biografie eines Hauses ist sein Verkauf. Dann explodiert nämlich sein «Wert». Ein Haus, welches vor 50 Jahren zu einem bescheidenen Preis gekauft wurde und seither zu günstigen Mietzinsen bewohnt ist, wird plötzlich für viele Millionen verkauft – und dann? Dann muss dasselbe Haus plötzlich viel höhere Einnahmen generieren, um nur schon die Zinsen für den Kaufpreis zu decken. Ab dem Moment passiert das Immergleiche: Das Haus wird saniert, die Mieter:innen werden ausgetauscht, die Mietzinse steigen.
Die besten Chancen, ein Haus und seine Mieter:innenschaft davor zu bewahren, hat man also VOR dem Verkauf. Das Ziel ist dann, dass das Haus zu einem anständigen Preis an eine gemeinnützige Eigentümer:in verkauft wird. Schon dreimal hat genau das im letzten Jahr geklappt: an der Forchstrasse, an der Idastrasse im Kreis 3 oder an der Scheideggstrasse in Wollishofen. In allen drei Fällen war der Widerstand der Bewohnenden und solidarischen Mitstreiter:innen gross und laut: Es wurden Nachbar:innen zusammengetrommelt, Plakate gemalt, Petitionen gestartet, Briefe geschrieben, Netzwerke aktiviert, Feste und Proteste organisiert… Was davon schlussendlich den Unterschied machte weiss ich nicht, aber in der Summe hat es genützt und wird es wieder nützen.
Lasst uns gemeinsam weiterkämpfen!
Deshalb: Tut euch mit euren Nachbar:innen zusammen und wehrt euch! Wenn ihr Rat und Verbündete braucht, dann geht zum Mietenplenum, dort ist viel Wissen versammelt. Braucht ihr juristische Unterstützung, dann meldet euch beim Mieter:innenverband. Sucht ihr noch Mut und eine Portion Kampfgeist, dann kommt zur Wohndemo am 25. Mai, 14 Uhr ab dem Landesmuseum. Sie ist bewilligt, wird bunt und laut.