Dies soll ‘sozialverträglich’ sein?

Diesmal geht es um ein grosses Bauprojekt in Zürich Affoltern und etwas undurchsichtige Versprechen der Eigentümerinnen. Sie wollen zwar ein vorbildliches Projekt realisieren, sind aber in einigen Punkten noch weit davon entfernt…

Grüezi Swiss Life,

Grüezi Habitat 8000,

kürzlich haben Sie an der Affoltern Diagonal 2021 über eines der momentan grössten Bauprojekte der Stadt Zürich erzählt: die Siedlung Bergacker, in der Sie sage und schreibe 400 günstige Wohnungen abreissen und rund 550 neue bauen.

Immer wieder sprachen Sie in Ihrer Rede davon, dass es Ihnen ein aussergewöhnliches Anliegen sei, dieses Projekt sozialverträglich zu gestalten. Das klingt ja grossartig – doch ich muss Ihnen etwas sagen: Sie haben ein sehr merkwürdiges Verständnis davon zum Ausdruck gebracht, was ein sozialverträglicher Prozess ist! Als einziges Argument haben Sie genannt, dass das Bauprojekt in Etappen gebaut werde. Warum? “Weil damit die Belastung durch den Baulärm gering gehalten werden kann.” Genau: Schutz vor Baulärm haben Sie als einzigen Aspekt von Sozialverträglichkeit genannt.

Wirklich?

Meine Kollegin fragte in der anschliessenden Fragerunde zu Recht: Ist es nicht viel eher der Knackpunkt, WER überhaupt noch dort sein wird, um unter dem Baulärm zu leiden – oder eben nicht? Weil was Sie gerade machen, ist, die aktuellen Mieter*innen zu verunsichern und sie schleichend zu vertreiben. Das hätten Sie schnell gemerkt, wenn Sie auch nur einen halben Nachmittag mal im Bergacker verbracht und ein paar Ihrer Mieter*innen kontaktiert hätten.

Das macht hässig, geschätzte Damen und Herren Investor*innen!

Wenn Sie sich Sozialverträglichkeit auf die Fahne schreiben wollen, dann machen Sie es auch richtig! Dazu würde zum Beispiel gehören:

  • Sie gehen ab jetzt voll ins Gespräch mit Ihren Mieter*innen. Und zwar mehrsprachig, persönlich, regelmässig und in verschiedenen Formaten.
  • Sie versprechen Ihren Mieter*innen, dass Interessierte in der Siedlung bleiben können (oder dahin zurückkehren können) und entwickeln das Bauprojekt so, dass dies auch möglich ist.
  • Dafür reicht nicht nur ein Vormietrecht, sondern entscheidend ist vor allem eins: Wie günstig bleiben die Wohnungen tatsächlich? Da zählt nicht der Quadratmeterpreis, sondern die konkrete Wohneinheit. Wenn jetzt Mieter*innen in sehr kleinen 3-Zimmer-Wohnungen wohnen für 1400.- CHF, sagen wir mal, dann nützt es ihnen nichts, wenn nachher lauter doppelt so grosse (und damit doppelt so teure) Wohnungen entstehen.
  • Und eigentlich würde es auch bedeuten: Sie entwickeln das Bauprojekt partizipativ. Weil es ist wohl keine steile These, vielleicht kämen hier noch ein paar gute Ideen zusammen.

Klar, allen kann man es nicht immer recht machen.

Aber so, wie Sie jetzt geredet haben, bleibt zu vermuten, dass ein verschwindend kleiner Teil der aktuellen Mieter*innen überhaupt eine Chance bekommt, zu bleiben.

Das ist keine Sozialverträglichkeit.

Freundliche Grüsse,

die Mieten-Marta

Übrigens: Der Vortrag ist hier nachzusehen (Dauer ca. 15 min):