Achtung, «Gh***o» Züri

Die Immobilienbranche macht sich an einer Tagung Sorgen, dass in Zürich ‘Gh***os’ entstehen. Darum brauche es mehr ‘Durchmischung’. Das Argument zählt aber nur für die Reicheren, habe ich bei einem Besuch an einer Tagung gemerkt.

Grüezi du Immobilienbranche,

kürzlich habe ich versucht, dich ein bisschen besser kennenzulernen. Wie du funktionierst, was du wichtig findest, wie du dich sozial verstehst. Ich war bei dir an der Zürcher Europaallee an der Tagung «Vom Problemquartier zum Trendquartier?».

Ich habe vor allem eines gelernt: Du machst dir grosse Sorgen, wenn zu viele gleiche Leute auf einem Haufen wohnen. Du findest diese sogenannte Homogenität schlecht. Richtig, richtig schlecht. Weil du sorgst dich um den sozialen Frieden – das könne dann enden wie zum Beispiel in den Grosssiedlungen von Berlin. Und damit das nicht passiert, darum MUSST DU IN BILLIGEN SIEDLUNGEN TEURERE WOHNUNGEN BAUEN! Sagst du. Erst dann kommen nämlich die Leute vom Mittelstand. Und die machen dann irgendwie alles besser.

Und überhaupt, wir sollen froh sein, wenn sich dieses Schwamendingen, Affoltern und Altstetten endlich mal aufwerten (und diese «Internationalisierung» und «Clanbildungen» ein Ende haben, sagst du).

Hoppla…

Und – wohin sollen eigentlich die Leute ziehen, welche dabei gehen müssen?

Also, liebe Immobilienbranche, ich nehme dich einfach mal beim Wort: Du findest Homogenität also problematisch. Wirklich fast schon gefährlich. Du findest Durchmischung wichtig.

Und ich unterstelle dir jetzt einfach mal, dass du eigentlich nicht diskriminieren möchtest. Du willst bestimmt nicht sagen, dass es ein Problem ist, wenn Arme auf einem Haufen wohnen – aber es völlig ok ist, wenn Hochverdienende und Bestausgebildete auf einem Haufen wohnen?

Also, liebe Immobilienbranche, ist deine nächste Aufgabe eigentlich klar. Nachdem du darüber geredet hast, wie billige Wohnungen dem sozialen Frieden zuliebe verteuert werden können, musst du nun herausfinden, wie du GÜNSTIGE WOHNUNGEN BAUEN KANNST! Und dies eben nicht irgendwo im «Gh***o», äh Gaggo, sondern auch mitten in den Hochpreisinseln… Du weisst schon: Durchmischung ist elementar wichtig! Das hast du selber gesagt.

Aber ich bin sicher, das weisst du bereits und das nächste Tagungsthema steht fest? Ich hätte da auch einen Titelvorschlag parat: «Wie können Investor*innen ihrer sozialen Verantwortung nach günstigen Wohnungen nachkommen?» Anfangen könntest du mit einer einfachen Rechnung: Für jede günstige Wohnung, die durch deine marktgetriebene Durchmischung wegfällt, muss anderswo innerhalb einer marktüblichen Immobilie eine günstige Wohnung entstehen. Wie beim Waldsterben, für jeden gefällten Baum einen neuen pflanzen… Nun liegt der Ball bei dir: Wie geht das?

Herzlich,

die Mieten-Marta